Pferdebranche Schweiz im Wandel?

Preisträgerinnen und Preisträger und Mitglieder der wissenschaftlichen Kommission, der Kommissionen Zucht und Pferdebranche der Netzwerktagung 2017 (v.l.n.r. Barbara Eichenberger, Anja Lüth, Salome Wägeli, Ruedi v. Niederhäusern, Chiara Augsburger, Flori Althaus (Preis von Nicole Basieux entgegengenommen), Anina Bauer, Iris Bachmann, Desirée Huber, Anne Krauter, Conny Herholz, Jeanne Häring, Dominik Burger)

Rund 25 Forschende aus der Schweiz präsentierten am 6. April 2017 ihre jüngsten Resultate an der 12. Tagung des Netzwerks Pferdeforschung Schweiz im Théâtre du Château in Avenches. Am Nachmittag ging es um Kunst, Werbung, Lifestyle und Marketing und wie sich die Pferdebranche in der Schweiz weiterentwickelt.

Die Pferdebranche Schweiz kann auf goldene Jahre zurück blicken, Zuwachszahlen bei den Equidenbeständen von bis zu  4 % pro Jahr waren über die letzten zwanzig Jahre die Regel, Pferdehaltungen aller Art schossen wie Pilze aus dem „landwirtschaftlichen“ Boden. Diese Wachstumsphase bewegte kreative Köpfe zu einer neuen Wortschöpfung: „Horsyfication of agricultural landscape“.

Nun zeigen die neusten Zahlen (2016) dass sich die Lage zu beruhigen scheint, betrug die Zunahme der Bestände in den letzten fünf Jahren nur noch 0.4% pro Jahr. Parallel dazu finden wir, als ein Beispiel, einen Rückgang bei den Brevet- resp. Stabilisierung bei den Lizenzprüfungen des Schweizerischen Verbandes für Pferdesport. Wie sollen wir nun diese Zahlen interpretieren? Geht es mit dem Pferd in der Schweiz, im breiten Sinne, allgemein bergab oder emanzipiert sich das Pferdewesen, ausserhalb jeglicher Verbandsstrukturen, in eine wenig  organisierte, liberalere Richtung?

Seit einiger Zeit können wir beobachten wie sich in der Gesellschaft die allgemeine Wahrnehmung rund um Tiere verändert. Eine erhöhte Sensibilität und Empathie führen zu teilweise heftig geführten Diskussionen betreffend Tierwohl in Zucht-, Haltungs- und Nutzungsfragen. Dem Pferd kommt hierbei eine ambivalente Rolle zu, je nach Standpunkt des Betrachters bewegt es sich ständig hin und her zwischen klassischem Nutztier und dem wohlbehüteten Heimtier. Früher klar als Nutztier für Landwirtschaft und Armee gezüchtet, kommt den meisten Pferden heute die Rolle des geliebten Freizeitpartners zu. Neue, beziehungsfördernde (Mensch – Pferd) Nutzungsformen wie Bodenarbeit und „mit dem Pferd spazieren gehen“ ergänzen resp. ersetzen mehr und mehr die traditionellen Reitformen. Diese Form der Liberalisierung in der Nutzung eröffnet durchaus Perspektiven, schafft Raum für Innovationen und ist zweifelsohne Ausdruck der eingangs erwähnten neuen gesellschaftlichen Strömungen.

Dass dem Pferd auch ausserhalb der Schweiz eine wichtige gesellschaftliche Rolle zuteil wird, zeigt eine aktuelle Publikation  des Europaparlaments über „die verantwortliche Haltung und Pflege von Equiden“. In diesem Positionspapier wird die erhebliche wirtschaftliche, ökologische und soziale Bedeutung der Pferdebranche unterstrichen, und die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, Leitlinien zur Equidenhaltung auszuarbeiten. Insbesondere wird eine bessere Anerkennung der Equidenbranche und ihres Nutzens für die Wirtschaft im ländlichen Raum gefordert und eine Unterstützung der Tätigkeit des European Horse Network und der European State StudsAssociation durch die Mitgliedstaaten.

Im Kontext der gesellschaftlichen Entwicklung in Tierwohlfragen, der Globalisierung und gleichzeitigen Liberalisierung kommt der Forschung eine ganz zentrale Rolle zu. Sie muss proaktiv die sensiblen Themen aufgreifen und bearbeiten, um frühzeitig mit fundierten Antworten zu den in Zukunft für die Pferdebranche relevanten Fragestellungen Antworten und Entscheidungsgrundlagen liefern zu können. Forschung bedeutet auch Innovation, ein wichtiger Faktor damit die Dynamik in der Pferdebranche Schweiz erhalten bleibt.

Folgende Forschungsarbeiten wurden ausgezeichnet:

Preis Autoren Titel Institution
Wissenschaftlicher Preis – beste Präsentation Anina Bauer Eine Variante im ST14 Gen führt zu erblicher Haarlosigkeit bei Achal-Tekkinern Institut für Genetik, Vetsuisse-Fakultät, Universität Bern
Wissenschaftlicher Preis – bestes Poster Florie Althaus Plötzliche Todesfälle im Pferdesport. Eine retrospektive Fragebogenstudie Institut suisse de médecine équine ISME, Agroscope und Vetsuisse-Fakultät, Universität Bern
Wissenschaftlicher Spontanpreis Marie Pfammatter Sind unsere Pferde zu dick : Forschungsarbeit mit 51 Freizeitpferden Berner Fachhochschule, Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, Zollikofen
Preis Zucht Desirée Huber Erhöhung der Trächtigkeitsraten von Stuten mittels mehrfachen periovulatorischen Besamungen Institut suisse de médecine équine ISME, Agroscope und Vetsuisse-Fakultät, Universität Bern
Preis
Pferdebranche
Chiara Augsburger Einfluss von Einstreumaterialien auf wirtschaftliche Faktoren, Liege- und Fressverhalten von Pferden Berner Fachhochschule, Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, Zollikofen

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